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Ein Blick auf die Wurzeln Garchings

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Heimatbund macht alte Arbeiterwohnung im Originalzustand zugänglich – 134 Besucher bei erster Öffnung – Nächste Besichtigung am Sonntag

In beeindruckender Detailtreue präsentiert sich in der Turnstraße 1 vor allem die Wohnküche, wie sie für die 1920er Jahre typisch war. Fotos: Kaiser
Paul Huber vom Landesamt für Denkmalpflege (links) beim Betrachten einer Luftaufnahme der Siedlung aus dem Jahr 1938 mit Ortsheimatpfleger Helmut Meisl.

Garching. Ein altes Sofa, das in der Küche seinen Platz gefunden hat, entlockte Bürgermeister Christian Mende ein Lächeln. In ihm stiegen Erinnerungen aus längst vergangenen Kindertagen auf, als er Grußworte zur Eröffnung der im Originalzustand restaurierten Arbeiterwohnung in der Turnstraße 1 sprach: „Ich bin hier in der Siedlung aufgewachsen. Ich kenne jeden Keller, jeden Flur, die meisten Wohnungen und auch jeden Speicher. Genau das gleiche Sofa, wie es hier steht, hatten wir damals auch. Nur in Rot.“
In den Worten des Gemeindeoberhauptes schwang das mit, was viele alte Garchinger mit der Restaurierung dieser Wohnung aus dem Jahr 1925 und der gesamten Siedlung verbinden: Hier kann jeder einen Blick auf die Wurzeln Garchings werfen. Wie Ortsheimatpfleger Helmut Meisl deutlich machte, ist es „der sozial eingestellten Unternehmensleitung der Bayerischen Stickstoffwerke um Nikodem Caro sowie dem königlichen Baurat Karl Janisch zu verdanken, was hier entstand“. Die 165 Wohneinheiten bildeten die „Altstadt“ Garchings, eines Ortes, der bis zum damaligen Zeitpunkt nur 13 Anwesen umfasste.
Die Wohnungen besaßen für damals einen sehr guten Standard. Sie verfügten beispielsweise über fließendes Wasser und moderne Toilettenanlagen. Der Heimatbund um seinen Vorsitzenden Peter Wolfmeier setzte alles daran, die 47 Quadratmeter große Wohnung wieder originalgetreu zu restaurieren und einzurichten. Die zahlreichen Gäste schmunzelten bei der offiziellen Eröffnung, als sie den alten Backofen in der Küche stehen sahen. „In dem kannst du den besten Schweinsbraten machen“, rief einer der geladenen Besucher. Über besagtem Ofen hängt ein selbst gestrickter Badeanzug aus Wolle, draußen an der Tür prangt eine alte hölzerne Klingelvorrichtung.
Peter Wolfmeier hob die „beachtliche Leistung der damals hier lebenden Gemeinschaft“ hervor. Hier sei alles gut geregelt gewesen. Alle hielten sich daran: „Das kann man vielen jungen Leuten von heute schon nahebringen“, fand der Heimatbund-Vorsitzende und würdigte die Aufbauleistung der „Fabrikler“, die damals hier in Garching ihre Heimat gefunden hatten. „Dies hier ist keine Nostalgiesucht, sondern der Respekt vor diesen Menschen“, unterstrich dann auch Meisl.
Mit Liebe zum Detail wurde seit zwei Jahren sehr akribisch an der Umsetzung der Idee gearbeitet. Damals hatte Eigentümer Reinhold Tann dem Heimatbund die Wohnung für einen symbolischen Mietpreis von einem Euro überlassen. Danach machte sich das emsige Team ans Werk. In engagiertem Miteinander wurde „ein Denkmal aus der Garchinger Gründerzeit geboren“, wie Meisl es nannte. Auch Paul Huber, der zuständige Referent des staatlichen Denkmalamtes, zeigte sich begeistert: „Es zählt für mich zu den schönsten Augenblicken meiner Tätigkeit, wenn ich das endgültige Ergebnis betrachten kann.“ Die Vertreter des Heimatbundes dankten allen Spendern, die teilweise Geld, aber auch viele „sachdienliche“ Zeitzeugen gestiftet haben. Für die originalgetreue Farbgebung in der Wohnung ist Kirchenmalermeisterin Katrin Lamperstorfer verantwortlich. Sie hatte zu Beginn die ersten Gutachten angefertigt. In kleinen Sichtfenstern an den Wänden kann der Betrachter nun die Abfolge der Farbschichten betrachten, in denen sich die Wohnung von damals bis heute präsentierte. Mit der Wohnung ist in Garching ein Stück Zeitgeschichte entstanden.
Am Sonntag war die Wohnung erstmals für die Öffentlichkeit geöffnet. 134 Besucher zählten die Mitglieder des Heimatbunds, die während der Öffnungszeit vor Ort für Fragen und Auskünfte zur Verfügung standen. Ortsheimatpfleger Helmut Meisl war vor allem von den vielen jungen Leuten überrascht, die sich für die Wohnung interessierten. Er hätte, wie er sagt, eigentlich mehr ältere Besucher erwartet. Über diese breite Streuung des Altersspektrums und die hohe Besucherzahl zeigt sich der Heimatbund sehr erfreut.
Besichtigt werden kann die Wohnung wieder am kommenden Sonntag, 18. Mai, („Museumstag“) von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr. Danach ist nach Mitteilung des Heimatbunds keine regelmäßige Besuchsmöglichkeit vorgesehen, sondern jeweils zu besonderen Anlässen. Die Öffnungen würden kurzfristig bekanntgegeben. Es besteht aber auch die Möglichkeit einer Bedarfsöffnung der Wohnung für Gruppen nach vorheriger Vereinbarung mit Helmut Meisl, 08634/ 8158, Dietmar Paul, 08634/ 1522, oder Peter Wolfmeier, 08634/66065.

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