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Eine „gründliche“ Spurensuche

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Sie hat sich einen kalten Arbeitsplatz ausgesucht: In der nicht beheizten Heimatbund-Wohnung der Janisch-Siedlung kratzte Katrin Lamperstorfer in mehreren Befundungsfenstern die übereinander liegenden Farbschichten der Wände ab: In der ehemaligen Küche fa

Kirchenmalermeisterin Katrin Lamperstorfer erforscht Heimatbund-Wohnung in der Janisch-Siedlung

Garching. Detektivarbeit in altem Gemäuer: Mehrere Tage hat die Kirchenmalermeisterin Katrin Lamperstorfer aus Töging in der leerstehenden Wohnung in der Turnstraße 1 zugebracht, um den „Urzustand“ dieser Wohnung zu erkunden. Der Heimatbund hat die Wohnung gemietet, um sie wieder so auszustatten, wie sie sich etwa in den 20er Jahren, als die Janisch-Siedlung entstand, dargestellt hat. Dazu ging Katrin Lamperstorfer Wänden, Boden, Decken und Türen auf den Grund.

Mit ihrem Skalpell kratzte sie die Farbe an den Wänden vorsichtig Schicht für Schicht ab. In der früheren Küche wurde sie besonders fündig: Unterhalb eines Sockels, der mit ölhaltiger Farbe die Wand vor Verschmutzung schützen sollte, entdeckt sie elf übereinander liegende Farbschichten, über der Sockellinie nur zwei. Ihre Erklärung dafür: „Oberhalb war vermutlich auch tapeziert worden und beim Ablösen der Tapeten dürften einige der Farbschichten mit abgegangen sein.“ Im Nebenzimmer bestätigt sich ihre Vermutung. An einer Ecke des Türstocks findet sie winzige Tapetenreste. Sie weiß, wo sie suchen muss: In Ecken und Fugen, wo man beim Renovieren alte Farbe und Tapeten am schwierigsten wegbekommt.

In diesem Raum, wohl das frühere Schlafzimmer der Eltern, entdeckt sie im Streiflicht der Arbeitslampe an einer Mauer kleinflächige Erhebungen: Hier war die Wand mit einem Blumenmuster gewalzt worden. Auch die Wölbungen an der Zimmerdecke erklären sich schnell: Unter dem Putz sind Schilfmatten verlegt, die sich teilweise gesenkt haben. „Die isolieren ordentlich und sind gute Putzträger“, sagt Katrin Lamperstorfer und stimmt Heimatbund-Vorsitzenden Peter Wolfmeier zuversichtlich: Die Wölbungen ließen sich problemlos beheben. Ganz anders stellt sich die Situation beim Boden dar: „Das wird das größte Problem“, sagt die Kirchemalermeisterin. In einer Ecke hat sie den Kunststoffbelag entfernt und eine unerfreuliche Entdeckung gemacht: Die Holzdielen sind gut erhalten ? aber die Auslegware wurde aufgeklebt, und zwar bombenfest. Der Belag und der Klebstoff darunter würden wohl mühsam abgeschabt werden müssen. Heimatbund-Vorsitzender Peter Wolfmeier will nicht ausschließen, dass sein Verein, der die „Renovierung“ der alten Wohnung so weit als möglich in Eigenregie durchführen möchte, für diese Bodenarbeiten eine Fachfirma heranziehen muss.

So wie an den Wänden findet Katrin Lamperstorfer auch an den Türen mehrere Farbschichten ? drei Lagen sind es hier. Ziel der Untersuchung ist, die farbliche Erstfassung von Türen und Wänden zu erkunden und diese dann ähnlich wieder zu gestalten ? wobei auch die Farbe dem damals verwendeten Material möglichst nahe kommen sollte.

Das weitere Vorgehen muss nun mit dem Landesamt für Denkmalpflege, dem Landratsamt und dem Heimatbund koordiniert werden. Hilfreich wären dafür auch Fotos, die zeigen, wie die Wohnungen der Janisch-Siedlung in der Entstehungszeit ausgesehen haben und eingerichtet waren, sagt Katrin Lamperstorfer. Wer noch solche Fotos haben sollte, kann sie gerne bei Peter Wolfmeier in der Nikolausstraße 46 in Garching abgeben.

Und dann kann’s losgehen: Die Mitglieder des Heimatbunds werden dann nicht nur Wände abspachteln, Türen und Türstöcke anschleifen, einen Wasserschaden beheben, Ölleitungen abbauen usw., sondern sich auch auf die Suche nach notwendigen Kleinigkeiten von früher machen wie Fenstergriffen, Steckdosen, Lichtschaltern, Lampen oder Vorhangstangen.

Für das Wohnungs-Projekt liegt seitens des Landesamtes für Denkmalpflege bereits eine Zuschusszusage über 2500 Euro vor, teilt Kreisheimatpflegerin Renate Heinrich mit. Sie ist von dem Projekt begeistert: „Eine ganz tolle Sache!“ Ähnliches gebe es bereits im Heimatmuseum in Töging. Besuchergruppen, mit denen sie in dem Museum war, seien von dem dort original eingerichteten alten Wohnraum immer am meisten fasziniert gewesen. „Es ist eine vorstellbare Sache, weil man mittendrin steht“, sagt Heinrich und es verkörpere die neue Ausrichtung von Museen: das Museum als Zeitreise in der Jetzt-Zeit. Für das Garchinger Projekt möchte sich Peter Wolfmeier mit Zuschussanträgen auch noch an den Bezirk Oberbayern, das Landratsamt Altötting und die Gemeinde Garching wenden.   -fb

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